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Jerzy Gross
Jerzy Gross
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Jerzy Gross
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Jerzy Großf

Der Katholikenausschuss (KA) initiiert eine Arbeitsgruppe, um das Gedenken an einen Kölner Mitbürger, der durch Schindlers Liste gerettet wurde, lebendig zu halten. Auf vielfältige Weise, und im Stillen, hat der KA in Jerzy Gross' letzten Lebensjahren dafür gesorgt, dass er und seine Frau gute Bedingungen des Wohnens und Lebens in Köln gefunden haben. Im Juli 2014 ist er gestorben. Nun geht es darum, die Erinnerung an ihn wachzuhalten.

An sein Leben und sein Schicksal, das stellvertretend für den Holocaust steht, erinnert ein Kreis unter Leitung des Katholikenausschusses. Informationen über Jerzy Gross, sein Leben und seine Tätigkeit als Zeitzeuge in den letzten Jahren, über Literatur und Filme der jüngeren Vergangenheit finden Sieauf der eigens eingerichteten Website unter: http://spiel-mir-das-leben-vom-leben.de 
Hier können Sie auch Veranstaltungen unterschiedlichsten Charakters, von der klassischen Lesung, über eine Filmvorführung mit Gespräch oder eine multimediale Veranstaltung mit vielen Videos von Jerzy Gross, buchen.

gedenktafel jerzy-gross_gag

Gedenktafel für Jerzy Gross

An seinem Geburtstag, dem 16. November 2015 wurde mit einer kleinen Feier mit Ansprachen und Musik die Gedenktafel in der Westendstraße, zwischen Karl-Bosch-Straße und Daimlerstraße in Köln-Ossendorf enthüllt. Jerzy Gross war ein letzter Überlebender von Schindlers Liste und lebte in der GAG-Siedlung bis zu seinem Tode am 24. Juli 2014.

Es sprachen:
Bürgermeister Andreas Wolter
Uwe Eichner, Vorstandsvorsitzender GAG Immobilien AG
Hannelore Bartscherer, Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln
Pfarrer i. R. Franz Decker

Anwesend waren Gregor Gross, Sohn von Jerzy Gross mit seiner Gattin Edi, Angela Krumpen, Autorin und Journalistin, Judith Stapf, Geigerin, mit Familie, Sophia Pechau, die Künstlerin, die die Tafel geschaffen hat und Jochen Ott, MdL.


Nachfolgend Fakten und Informationen zu diesem ungewöhnlichen Menschen sowie Informationen zu Zielen und Aktivitäten der Arbeitsgruppe:

Als Kind überlebte Jerzy Gross den Holocaust als einziger seiner großen, großbürgerlichen Familie. Sein Vater, ein deutscher, jüdischer Ingenieur, der für seine Familie für einen Brückenbau nach Krakau umsiedelte. Die katholische Mutter aus Wien sorgte für ihre zwei Söhne und unterhielt ein Porzellan- und Kristallwarengeschäft.

Nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager in Brünnlitz ging Jerzy Gross nach Polen, schlug sich alleine durch. Er wurde Geiger, erst im polnischen Rundfunkorchester, später in kleinen Unterhaltungsorchestern in Polen und Israel.

 

"Schindlers Liste" ist seit dem Film von Steven Spielberg in Deutschland und weit darüber hinaus ein feststehender Begriff. Er erinnert an die Schrecken des Holocaust durch das nationalsozialistische Deutschland und verweist auf die Verantwortung, in die diese Shoah des jüdischen Volkes gerade uns Deutschen nimmt.

Jerzy Gross war einer, den diese Liste vor der Ermordung rettete und der um die vierzig Jahre mit seiner Frau hier in Köln lebte. Jerzy Gross trat bei Veranstaltungen und Vorträgen, vor allem in Schulen, als Zeitzeuge auf und berichtete vom Leiden der verfolgten Juden. Er verbarg sich hinter dem Decknamen Michael Emge; denn selbst diese Jahre waren für ihn nicht frei von Bedrohungen und antisemitischen Schikanen. Mitte der 90er Jahre wurde er von Rechtsradikalen bedroht. Die Polizei riet ihm zu einem Pseudonym und einer Geheimadresse.

Die Violinistin Judith Stapf, damals zehn Jahre alt, aus Rheinbach stieß 2007 auf die Titelmelodie des Films Schindlers Liste. „Diese Musik möchte ich auch spielen und dies so anrührend wie es Itzhak Perlmann in dem Film tut und darum muss ich verstehen, was das Schlimme damals war“, sagte sie mit großer Bestimmtheit, wie es Kinder können. Und weil dieses Mädchen nicht nur Vorsätze fassen, sondern auch beharrlich sein konnte, begann ein umwerfendes Abenteuer. Dieses Abenteuer wurde nicht allein für Judith, sondern ebenso für Jerzy Gross lebensentscheidend, denn beide lernten sich darüber kennen. Aus Interesse für den Hintergrund des Stückes fand sie 2008 Kontakt über das NS-Dokumentationszentrum in Köln zu dem Holocaust-Überlebendenden.

Angela Krumpen spielte dabei eine wichtige Vermittlerrolle. Sie ist Journalistin – vielen bekannt durch die Menschen-Sendung im Dom-Radio. Dort sitzt sie eines Tages Jerzy Gross gegenüber und hörte seine Geschichte über Schindlers Liste und den Film von Spielberg, mit dem er so gar nicht einverstanden ist, der ihn erschütterte und empörte. Und der die Kraft in ihm freisetzte, selbst von seinem Schicksal zu erzählen. Ralph Giordano hatte ihm gesagt: „Solange Sie nicht selber reden, solange müssen sie aushalten, was andere über Sie sagen." Michael Emge hat es sich zu Herzen genommen und angefangen von den erlebten Grausamkeiten zu erzählen vor Schulklassen und bei vielen anderen Veranstaltungen; so auch im Domforum.

Durch Angela Krumpen, eine Freundin von Judiths Eltern, vermittelt finden Judith und Michael zueinander. Der für das Unsagbare Worte suchende Alte und die Heranwachsende, die das „Schlimme von damals“, wie sie es nennt, verstehen will, begegnen sich. In diesen beiden Menschen lernen auf beispielhafte Weise zwei Generationen sich kennen. Der langjährige Kontakt zwischen Stapf und Gross führte 2011 zu dem Buch "Spiel mir das Lied vom Leben – Judith und der Junge von Schindlers Liste" von Angela Krumpen. Gemeinsam mit der Autorin reisten Stapf und Gross nach Polen zu Stationen seines Leidensweges. Der Journalist Martin Buchholz dokumentierte diese Reise für den WDR.
„Spiel mir das Lied vom Leben" heißt das Buch, das die ganze Geschichte erzählt. http://www.herder.de/buecher/details?k_tnr=6687 

So lernten auch wir im Katholikenausschuss diesen Zeitzeugen kennen und durften an dieser bewegenden ‚deutschen Wortsuche’ teilhaben. Ein wenig konnten wir dann auch im Hintergrund mitwirken. Dies möchten wir weiter tun, denn diese wunderbare Geschichte soll nicht zu Ende sein.
Am 24. Juli 2014 ist Jerzy Gross im Alter von 84 Jahren gestorben. Wie von ihm gewünscht, haben wir zu einer Exequienfeier nach St. Maria im Kapitol eingeladen. „Bitte, macht es so!“ hat er gesagt. „Ich war jüdisch, aber ich habe mit meiner Mutter immer katholisch gebetet.“

Viele die dabei waren fragten anschließend: „Und jetzt - was wird jetzt sein?!“
Wir werden in der Begräbniskirche St. Bartholomäus in Köln-Bickendorf eine Urnengedenkstätte einrichten.
Wir haben mit der NS-Gedenkstätte der Stadt Köln gesprochen. Im dortigen Archiv wird der Nachlass von Jerzy Gross gesichert.
Wir hoffen, dass die Vielen, die Jerzy Gross in ihre Schulen und Einrichtungen eingeladen haben, die Erinnerung an diesen Menschen und seine Lebensleistung weiter lebendig halten. Sie haben mit ihm einen vitalen Partner an ihrer Seite, die Schrecken der NS-Vergangenheit, die unleugbar zur deutschen Geschichte und damit auch zu unserer Gegenwart gehören, in eine humane Zukunft Europas zu verwandeln. Sein Ringen, die historische Wahrheit seines Lebens in Worte zu bringen, ist beispielhaft und ansteckend.